Hochwasserschutz entlang der Aare in Bern
Die Quartiere entlang der Aare sind derzeit nicht ausreichend vor Hochwasser geschützt. Die Hochwasserereignisse von 1999 und 2005 haben grosse Schäden verursacht. Klimastudien zeigen, dass extreme Niederschläge infolge der globalen Erwärmung häufiger auftreten werden – damit steigt auch in Bern das Hochwasserrisiko.
Um das dicht besiedelte Gebiet zwischen dem Tierpark Bern und der Engehalde auf rund sechs Kilometern wirksam vor Hochwasser zu schützen, sind umfassende bauliche Massnahmen geplant. Dazu gehören Schutzmauern, Geländemodellierungen, Vorkehrungen gegen Verklausung (Verstopfungen durch Schwemmholz) sowie Massnahmen gegen ansteigendes Grundwasser. Gleichzeitig werden die teilweise veralteten Uferverbauungen saniert, Werkleitungen erneuert und die Siedlungsentwässerung angepasst. Ergänzend sind ökologische Aufwertungen vorgesehen, etwa beim Gaswerkareal und in den Englischen Anlagen vis-à-vis der Matte.
Die Bauarbeiten beginnen im September 2025 und dauern gemäss aktueller Planung rund acht Jahre. Während die gewässernahen Arbeiten überwiegend in den Wintermonaten stattfinden, werden alle anderen Bauarbeiten ganzjährig ausgeführt.
Übersichtskarte der fünf Bauabschnitte

Überblick
Der Baustart findet im Abschnitt Gaswerkareal / Marzili im September 2025 statt.
Klicken Sie auf ein Gebiet, um mehr über die Schutzmassnahmen im jeweiligen Abschnitt zu erfahren.
Gaswerkareal / Marzili
Bauzeit Gaswerkareal
September 2025 bis voraussichtlich Mai 2026.
Schutzmassnahmen Gaswerkareal
Ufersanierung bis zum Eichholz
Abflachung der Böschung und Erstellung von Ufernischen
Bildung eines Schutzdamms durch Geländeanpassungen im rückwärtigen Raum
Ökologische Aufwertung des Ufergebietes
Verlegung des Uferwegs
Schutzmauer bei Dampfzentrale
Anpassung Siedlungsentwässerung
Bauzeit Marzili
September 2025 bis Mai 2029. Der Bau dauert voraussichtlich 3,5 Jahre.
Schutzmassnahmen Marzili
Schutzmauer entlang des Marzilibads
Terrainanpassungen und Anhebung Uferweg
Erstellung Drainageleitung und Pumpwerk
Dalmazi
Bauzeit
Der Bau dauert voraussichtlich 1 Jahr.
Schutzmassnahmen
Lokale Ufersanierungen und Abdichtung der Schachtbauwerke im Dählhölzli
Schutzmauer entlang des Dalmaziquais
Anpassung Siedlungsentwässerung
Verschalung gegen Schwemmholzverkeilung an der Dalmazibrücke
Aarstrasse
Bauzeit
Der Bau wird voraussichtlich in zwei Etappen mit jeweils einem Jahr Baudauer ausgeführt.
Schutzmassnahmen 1. Etappe
Schutzmauer entlang der Aarstrasse
Neubau der Altstadt-Regenüberläufe
Anpassung Siedlungsentwässerung
Massnahmen 2. Etappe
Anpassung Strassenraum
Matte
Bauzeit
Der Bau dauert voraussichtlich 3 Jahre.
Schutzmassnahmen Matte
Schutzmauer um die Matte (ab dem Inseli bis zur Nydeggbrücke)
Bau einer unterirdischen Dichtwand
Ufersanierungen
Anpassung Siedlungsentwässerung
Werkleitungssanierungen
Schutzmassnahmen Tych
Schutzmauer rund um den Tych
Anhebung Tychsteg
Schutzmassnahmen Englische Anlagen
Sanierung und ökologische Aufwertung des Aareufers zwischen Schwellenmätteli und Bärenpark
Altenberg / Langmauer
Bauzeit
Der Bau dauert voraussichtliche 3 Jahre.
Schutzmassnahmen Altenberg
Ufersanierung
Schutzmauern entlang des Uferwegs zwischen Untertorbrücke und Altenbergsteg
Absenkung und Verbreiterung Uferweg
Anpassung Siedlungsentwässerung
Werkleitungssanierungen
Schutzmassnahmen Langmauer
Schutzmauer
Schutzdamms durch Terrainanpassungen und Ufersanierungen
Anpassung Siedlungsentwässerung
Aktueller Bewilligungsstand
2023 genehmigten die Stimmberechtigten der Stadt Bern den Ausführungskredit von CHF 148,86 Mio. mit einer deutlichen Mehrheit von 80,81 Prozent. Das kantonale Tiefbauamt hat im Mai 2025 den Wasserbauplan «Gebietsschutz Quartiere an der Aare» für drei von fünf Abschnitten genehmigt. Die Teilrechtskraft gilt für die Abschnitte Marzili (Eichholz, Gaswerkareal, Marzilibad), Aarstrasse und Dalmazi (Dählhölzi, Dalmaziquai). Aufgrund laufender Beschwerden gegen die Genehmigungsverfügung in Bezug auf die Abschnitte Matte und Altenberg sind diese derzeit von der Bewilligung ausgenommen.
Bauablauf
Die Bauarbeiten beginnen im September 2025 und dauern gemäss aktueller Planung rund acht Jahre. Die Grafik zeigt den aktuellen Gesamtprojektablauf, der jedoch durch verschiedene Faktoren – etwa die Dauer des Genehmigungsverfahrens, Witterungseinflüsse oder die Koordination mit Drittprojekten – beeinflusst werden kann. Der Zeitplan wird daher laufend angepasst.


Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass starke Regenfälle in den meisten Regionen aufgrund der globalen Erwärmung häufiger werden. Pro 1 °C, um das sich die Erde erwärmt, werden extreme tägliche Niederschläge um etwa 7 Prozent zunehmen.

Bisherige Schutzmassnahmen reichen nicht
In den Stadtberner Quartieren entlang der Aare muss ab einer Abflussmenge von circa 400 Kubikmetern pro Sekunde mit Schäden gerechnet werden. Abflussmengen, die über dieser Schadensgrenze liegen, häufen sich – auch infolge des Klimawandels. Derzeit basiert der Hochwasserschutz auf mobilen Massnahmen, deren Inbetriebnahme aufwendig ist und ausreichend Vorlaufzeit benötigt. Steigt der Wasserpegel zu schnell, bieten sie keinen ausreichenden Schutz. Mit den geplanten baulichen Hochwasserschutzmassnahmen liegt das angestrebte Schutzziel, je nach Quartier, bei einer Abflussmenge von 550 bis 600 Kubikmetern pro Sekunde.


Hundertjährliches Hochwasser
Wenn die Abflussmenge der Aare in Bern mehr als 600 Kubikmeter pro Sekunde beträgt, spricht man von einem «hundertjährlichen Hochwasser». Durchschnittlich tritt ein solches nur einmal in hundert Jahren auf. 1999 und 2005 kam es innert sechs Jahren gleich zweimal zu einem hundertjährlichen Hochwasser. Die beiden Ereignisse haben Schäden in der Höhe von rund CHF 90 Mio. verursacht. Auch beim Hochwasser 2021 war die Abflussmenge mit 560 Kubikmeter pro Sekunde sehr hoch. Es verlief jedoch glimpflicher, weil der Aarepegel über mehrere Tage hinweg langsam angestiegen war – so blieb genügend Zeit, um die mobilen Schutzmassnahmen rechtzeitig einzurichten.
Mehr Raum für Natur
Das Projekt wurde auf seine Umweltverträglichkeit geprüft und für gut befunden. Wo es möglich ist, werden gleichzeitig mit den Hochwasserschutzmassnahmen auch ökologische Ausgleichsmassnahmen und Massnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas realisiert. So wird die Aare etwa beim Gaswerkareal auf einer Länge von 200 Metern verbreitert – es entstehen kleine Inseln und Flachwasserzonen mit Rückzugsmöglichkeiten für Fische. Auf der Aarstrasse wird der Fuss- und Strassenverkehr künftig durch einen Sicherheitsstreifen getrennt, der zum Teil mit Baumgruppen bepflanzt ist. Zwischen dem Schwellenmätteli und dem Bärenpark – in den sogenannten Englischen Anlagen – wird das Ufer mit Steingruppen, Wurzelstöcken und Baumstämmen ökologisch aufgewertet.


Im Einklang mit dem Stadtbild
Das Gestaltungskonzept der Ufererhöhungen orientiert sich an der historischen Entwicklung Berns und berücksichtigt den UNESCO-Weltkulturerbe-Status der Altstadt. Um das Stadtbild zu wahren, wurde von Projektbeginn an eine Lösung gesucht, die sich auf das Notwendige beschränkt. Bereits 2008 wurde das Vorprojekt der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) sowie der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) vorgelegt und daraufhin angepasst. 2017 bestätigten beide Kommissionen die Vereinbarkeit mit dem Ortsbild- und Denkmalschutz.


Der Weg zum heutigen Projekt
2008
Erarbeitung Vorprojekt
2009
Grundsatzentscheid Gemeinderat Variante «Gebietsschutz Quartiere an der Aare»
2009 - 2012
Motion «Nachhaltige Variante»
2013
Volksabstimmung Projektierungskredit von CHF 11.8 Mio. (88,1% Ja-Anteil)
Ende 2014
Öffentliche Mitwirkung zum Wasserbauplan «Gebietsschutz Quartiere an der Aare»
2017
Behördliche Vorprüfung Wasserbauplan «Gebietsschutz Quartiere an der Aare»
2018
Öffentliche Auflage des Wasserbauplans «Gebietsschutz Quartiere an der Aare»
2021
Öffentliche Auflage Projektänderungen Klösterlistutz und Altenberg
2023
Volksabstimmung (Ausführungskredit) über CHF 148.86 Mio. (80.81% Ja-Anteil)
2025
Genehmigung Wasserbauplan und Kredit Grosser Rat (Kanton Bern)
2025
Beschwerdeverfahren gegen die Genehmigungsverfügung der Leitbehörde (Abschnitte Matte und Altenberg)
19. Mai: Erteilung Teilbewilligung für die Abschnitte Gaswerkareal / Marzili, Dalmazi und Aarstrasse
September 2025
Baubeginn im Abschnitt Gaswerkareal / Marzili
Bauherrengemeinschaft
Die Bauherrengemeinschaft, bestehend aus Tiefbau Stadt Bern und Energie Wasser Bern (ewb), koordiniert die Hochwasserschutzmassnahmen mit weiteren notwendigen Bauarbeiten. Neben den Massnahmen am Gewässer sind auch Eingriffe im rückwärtigen Raum erforderlich, etwa der Bau neuer Drainageleitungen und Pumpwerke sowie Anpassungen an den Siedlungsentwässerungsleitungen. Da diese Arbeiten in den angrenzenden Strassen und Quartieren stattfinden, werden sie mit der Sanierung der ewb-Werkleitungen für Wasser, Gas und Strom kombiniert. Diese Synergienutzung verkürzt die Bauzeit und reduziert die Gesamtbelastung für Anwohner*innen.